Marie de Visser
Wie zeigt man, dass ein Polder oder Naturschutzgebiet mehr ist als nur eine Ansammlung von Flächen und Linien auf einer Karte?
Masterstudentin Marie de Visser taucht wortwörtlich in den Boden ein, um die Geschichten der Landschaft zu erforschen.
„Man beginnt erst, sich um die Natur zu kümmern, wenn man eine Verbindung zu ihr hat.“
Was untersuchst du?
Ich untersuche den Willemskerkepolder bei Terneuzen mithilfe von „Deep Mapping“. In diesem Polder sollen nämlich Pläne zum Bau eines Hochspannungsmastes umgesetzt werden. Für den Netzbetreiber ist der Polder nur eine leere grüne Fläche, wie man sie auf einer flachen Karte sieht. Doch für die Bewohner – Menschen, Tiere, Pflanzen – ist dieser Ort voller Geschichten und Emotionen. Mit meiner „Deep Map“ versuche ich, diese Erfahrungen greifbarer zu machen. Dazu tauche ich in die Landschaft ein: buchstäblich und im übertragenen Sinne. Ich studiere die Erdschichten, Tiere und Pflanzen, aber auch die Geschichte und Kultur der Region.
Wie bist du zu diesem Thema gekommen?
Ich mache einen Master in Global Environmental History an der Universität Uppsala, der sich mit der Beziehung zwischen Mensch und Natur befasst. Dadurch begann ich auch, über meine eigene Beziehung zur Natur nachzudenken. In einem der Kurse wurde die Frage gestellt: „Von welchem Wasser kommst du?“ Ich bin in Middelburg aufgewachsen, daher war das für mich zweifellos die Ooster- und Westerschelde. Ich fühle eine starke Verbindung zu diesem Wasser und zur Landschaft von Zeeland. Ich denke, das gilt für viele Menschen in Zeeland. So bin ich auf „Deep Mapping“ gestoßen.
Wie sieht deine Forschung aus?
Meine Abschlussarbeit ist im Grunde ein Experiment. Ich habe verschiedene Methoden verwendet, um den Willemskerkepolder besser zu verstehen: historische Forschung, Interviews mit Anwohnern, Spaziergänge mit einem Ökologen, das Sammeln von Pflanzen und das Campen, um dem Landschaftsbild „zuzuhören“. Auf diese Weise erweitere ich mein Verständnis für die Vielschichtigkeit des Gebiets. Das Überlagern dieser Schichten ergibt dann eine Deep Map.
Diese Deep Map kann auf viele verschiedene Arten gestaltet werden. Ich versuche das vor allem durch Sprache zu tun. Ich erzähle die Geschichten der Bewohner und schreibe auch einen Brief an den Polder. So spreche ich nicht für die Natur, sondern führe einen Dialog mit der Natur. Schließlich möchte ich auch eine greifbare Deep Map erstellen, aber ich weiß noch nicht, wie sie aussehen soll.
Warum ist deine Forschung wichtig?
In Studien zur Natur und zum Klimawandel liegt oft der Schwerpunkt auf Fakten und Zahlen, aber ich glaube, dass man erst anfängt, sich um die Natur zu kümmern, wenn man eine Verbindung zu ihr hat. Wir sollten den Erfahrungen eines Gebiets mehr Bedeutung beimessen. Deep Mapping ist eine Methode, um ein Gebiet auf einer tieferen Ebene zu verstehen.
Was möchtest du in 5 Jahren erreicht haben?
In 5 Jahren möchte ich als freiberufliche Mitarbeiterin an verschiedenen Orten an der Entdeckung der emotionalen Bindung zwischen Mensch und Natur arbeiten. Zum Beispiel durch Workshops im Watersnoodmuseum oder bei Naturorganisationen. Bei Kommunen könnte ich Deep Mapping nutzen, um bei neuen Bauprojekten den Dialog mit den Bewohnern und der Landschaft zu fördern.
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